April 2017 – Von königlichen Waschschüsseln und kaiserlicher Badeopulenz

Das römische Schönheitsideal unter Kaiser Caracalla


Balsamarium, Fundort Köln oder Xanten/ Römisches Reich, zwischen 100 bis 400

Ankauf 2013

„Es steht uns frei, ausgedehnte Bäder zu nehmen, doch die Sauberkeit unserer Leibwäsche und die reichliche Menge, die wir davon besitzen, sind mehr wert, als alle Bäder dieser Welt.“ Adäquater hätte der französische Architekt, Mediziner und Naturwissenschaftler Claude Perrault (*1613-†1688) die Badekultur seines Jahrhunderts kaum umschreiben können. Tatsächlich herrschte unter dem französischen Sonnenkönig Ludwigs XIV. (*1638-†1715) ein Hygienemodell, das den prägnanten Titel der „trockenen Reinigung“ erhielt. Diese vermied weitestgehend den Gebrauch von Wasser, das nach Aussagen der renommierten Ärzteschaft von Krankheitserregern wimmelte. Stattdessen bestand die Körperreinigung in einem Abreiben mit trockenen Tüchern, teils gepudert, wohl parfümiert und mit spitzenbesetzter Unterwäsche bedeckt, die allenthalben mehrmals am Tag wechselte. Somit verschoben sich die Prioritäten, indem die Waschschüsseln kleiner und die Parfüm-Flakons größer wurden. Die Verabreichung eines Bades, wie wir es heute kennen, geschah folglich bis Anfang des 18. Jahrhunderts hinein lediglich zu medizinischen Zwecken.

Gut 1.500 Jahre zuvor hätten „Caracalla“ (*188-†217) weit mürrischere Züge zu Gesicht gestanden, wären derlei Gepflogenheiten im Römischen Reich üblich gewesen. Tyrannisch, grobschlächtig und dem Cäsarenwahn verfallen, so beschrieben die Zeitgenossen den Kaiser, der eher als Feldherr denn als Monarch in die Geschichtsschreibung einging. Trotz seines herb-männlichen Aussehens zeichnete ihn ein ausgeprägtes Hygienebewusstsein aus – beispielsweise trug er gerne eine auf germanische Art frisierte blonde Perücke – welches er durchaus mit seinen römischen Untertanen teilte. Deren Sympathie versuchte er einerseits durch den Gesetzeserlass der Constitutio Antoniniana – die den meisten freien Bewohnern des Imperiums römisches Bürgerrecht verlieh – und andererseits im Bau einer großflächigen Thermenanlage zu gewinnen. Die nach ihm benannten Caracalla-Thermen in Rom wiesen gewaltige Ausmaße von 337 mal 328 Metern auf und luden den einfachen Bürger ebenso wie den Senator zu Erholung und Kurzweil ein. In einem opulenten Ambiente kleinteiliger Mosaiken, Marmorbeläge von den entlegensten Winkeln des Imperiums und kunstvollen Statuen, standen etwa 2.000 Badegästen nicht nur die Kalt- und Warmwasserbecken für Dampf- und Gesundheitsbäder, sondern auch Abteilungen zum Lesen, Ruhen oder für Sport, Massage und Kosmetik zur Verfügung. An keinem anderen Ort ließ sich das römische Schönheitsideal mehr verwirklichen, das einem gepflegten Äußeren und der körperlichen Wohlgestalt entsprach.

Wohlgestalt und Opulenz bewiesen auch die in Stein geschnittenen, aus Elfenbein, Bergkristall oder Onyx gefertigten Salb- und Parfümbehälter, die jedoch – wie das vorliegende Exemplar zeigt – vielfach schon aus mundgeblasenem Glas bestanden. Mit einem Stopfen versehen und durch eine Schicht aus Bienenwachs versiegelt, barg das Balsamarium sicher den wertvollen Inhalt. Eigens beschäftigte Parfüm-Sklaven überwachten die Herausgabe der vornehmlich aus fruchtigen und holzigen Duftnoten komponierten Essenzen. Ob Zitrusfrische, Gewürze des Orients oder der Blumengarten von Rose, Jasmin, Narzisse oder Lilie; der römischen Parfümeursnase stand darüber hinaus eine reiche Palette zur Verfügung, die mit Beginn der christlichen Zeitrechnung durch Destillation zu gewinnen war. „Gut riecht nur die Frau, die nach nichts riecht“, philosophierte Ciceros (*106 v. Chr.-†43 v. Chr.), seines Zeichens berühmtester Redner Roms. Den Thermenbesuchern scherte dies wenig, wenn sie sich von Parfüm triefend mit Frotteedecken aus samtweicher Wolle abtrocknen ließen.

Präsentation: Glas-Café, Kleintettau; 03.04. bis 30.04.2017

Künftiger Standort: Sammlungsdepot

Wissenswertes: Der von Gestalt kleinwüchsige und robuste Kaiser Marcus Aurelius Severus erhielt außerhalb seines Anhängerkreises den Spitznamen „Caracalla“, abgeleitet von einem Kapuzenmantel keltischen Ursprungs, den er bevorzugt trug. Ist den historischen Quellen Glauben zu schenken, war die Beliebtheit Caracallas im Volke zwiegespalten. Innerhalb der Oberschicht von Adel und Senatoren war er allerdings verhasst. Aus dieser Eliteschicht sollten ihm auch seine Attentäter erwachsen, die den Imperator im Jahr 217 erdolchten. Somit jährt sich am 08. April 2017 sein Todestag zum 1.800sten Male. Der Leichnam des tragisch zu Tode gekommenen Kaisers wurde im Mausoleum Hadriani in Rom beigesetzt.

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