September 2015 – Von rauschenden Bällen und duftenden Orangenblüten

Oder ein Menuett für den Sonnenkönig

Parfüm-Flakon "Bal à Versailles®" mit Umverpackung, PdT; Jean Desprez®, Paris/ Frankreich, 1980er Jahre

Parfüm-Flakon “Bal à Versailles®” mit Umverpackung, PdT; Jean Desprez®, Paris/ Frankreich, 1980er Jahre

Sammlung Beatrice Frankl 2012

Als vor 300 Jahren, am 01. September 1715, der französische König Ludwig XIV. (*1638-†1715) verstarb, erlosch für Frankreich jene Sonne, deren Wirken die wirtschaftlichen und künstlerischen Strukturen eines ganzen Jahrhunderts bestimmt hatte. Nachdem der vierzehnjährige König im Jahre 1653 in dem Ballet Royal de la Nuit die aufgehende Sonne verkörpert hatte, erhielt er seinen Beinamen als Sonnenkönig. So sah er sich gerne verglichen mit der mythologischen Göttergestalt des Apollon, der den Menschen Licht und Heilung bescherte, aber auch als Hüter der schönen Künste galt. Der Bau des märchenhaften Schlosses von Versailles unterstrich die Bemühungen Ludwigs XIV., als Förderer der schönen Künste aufzutreten. Der prächtig ausgestattete Regierungssitz erzeugte mit seinen weitläufigen Garten- und Parkanlagen einen würdigen Rahmen für rauschende Turniere, Feste und Bälle. Eine solche Kulisse bildete beispielsweise das mit Grottenwerk, Wasserkaskaden und -fontänen ausgeschmückte Bosquet de la Salle de Bal. Hier trat der König als begnadeter Tänzer in unzähligen Balletten auf und tanzte zwischen Orangen- und in Form gestutzten Buchsbäumchen seine Lieblingstänze, wie den des Menuetts.

Sicher hatte auch der französische Parfümeur Jean Desprez (*1898-†19??) ähnliche Vorstellungen vor Augen, die ihn zu jener Duftkreation inspirierten, mit der er 1962 seinen Karrieredurchbruch erlangen sollte. Bal à Versailles® nannte er sein neues Damenparfum. Ein Tanz aus nicht weniger als 300 Ingredienzien unterstrich die orientalische Üppigkeit, die sich in der Kopfnote u. a. den Zitrusgewächsen Orangenblüte und Neroli widmete, also jenen Duftessenzen die zur Zeit des Sonnenkönigs à la mode waren.

„Nichts kann für ein Parfum zu schön sein“, betonte Jean Desprez und beauftragte den Kreativen Pierre Dinand (*?-†?) mit der Gestaltung eines würdevollen Flakons. Hierbei griff der französische Star-Designer auf das Lieblingsinstrument des Gottes Apollon zurück. Als Gefäß des vielschichtigen Duftklanges diente somit formal die Lyra – die im Übrigen auch in grafischer Form auf der Umverpackung wiederzufinden ist. Den Abschluss bildet ein eingeschliffener Glasstopfen, welcher gleich dem kristallklaren Flakon vom traditionsreichen Glashersteller Pochet et du Courval® umgesetzt wurde.

Vielleicht dachte Jean Desprez, als er 1969 den Künstler Léon Leyritz (*1888-†1976) beauftragte einen weiteren Flakon aus feinem Sèvres-Porzellan zu kreieren, an die legendären „Domino-Maskenbälle“, die sich im Versailles des 18. Jhs. äußerster Beliebtheit erfreuten. So oder so wäre dies jedoch ein weiteres Kapitel aus den Annalen des Schlosses von Versailles und stünde unter dem Gestirn eines anderen Ludwig. …

Präsentation: Glas-Café, Kleintettau; 01.09. bis 30.09.2015

Künftiger Standort: Dauerausstellung – Sammlung Beatrice Frankl

Ausblick: