Februar 2017 – Von paradiesisch süß-herb bis futuristisch originell

Der Apfel als Verführer der Sinne

Parfüm-Flakons „Appel Blossom“® mit Umverpackung aus Glas; Duvinne®, New York City/ Vereinigte Staaten von Amerika, vermutlich 1930er/ 40er Jahre

Parfüm-Flakons „Appel Blossom“® mit Umverpackung aus Glas; Duvinne®, New York City/ Vereinigte Staaten von Amerika, vermutlich 1930er/ 40er Jahre

Ankauf 2015

„Wie ein Apfelbaum unter den Laubbäumen ist mein Geliebter unter den Jünglingen/ Ich erfreue mich daran, in seinem Schatten zu sitzen/ und seine Früchte schmecken mir süß […] erfrische mich mit Äpfeln, denn ich bin schwach vor Liebe.“ (Hoheslied 2,1). Kein anderer als der biblische König Salomon (Reg. 970?-934 v. Chr.) soll diese lyrischen Worte verfasst haben, die Martin Luther (*1483-†1546) durch seine Bibelübersetzung dem Buch „Das Hohelied Salomonis“ zuordnete. Die doppelsinnige und ausgesprochen bildhafte Sprache dürfte dem Kirchenreformator so manches Augenzwinkern entlockt haben, widmen sich doch die berauschenden und sehnsuchtsvollen Ausführungen einem menschlichen Grundbedürfnis – der Liebe. Ob ihm zu dieser Gelegenheit ermahnend der „Sündenfall“ im „Ersten Buch Mose“ einfiel? Parallelen dazu gibt es alle Male, schließlich handelt es sich dort sogar um das erste Liebespaar der Menschheitsgeschichte und einen Apfel. Um einen Apfel? Weit gefehlt! Von der verbotenen Frucht des „Baumes der Erkenntnis“ ist hier die Rede, welche Eva – versucht durch das Böse in Verkörperung der Schlange – arglos pflückt und nach der Verkostung folgenschwer an Adam weiter reicht. Die Frage, warum ausgerechnet ein Apfel an der darauffolgenden Vertreibung aus dem biblischen Paradies schuld sein soll, eröffnet eine simple Lautgleichung. So steht das lateinische Wort malum gleichbedeutend für den sinnenreichen „Apfel“ und das niederträchtige „Böse“. Infolgedessen wurde der Apfel wörtlich zur unheilbringenden Frucht gestempelt und fand bildhaft Einzug in die Kunst des Abendlandes.

Die Nähe zur Liebesfrucht beginnt für den Apfel jedoch essentiell früher. Schon das Altertum maß der herb-süßen Frucht eine gewisse Liebessymbolik bei. Während die alten Ägypter diese in rotfarbenen Äpfeln sahen, galt er für die Griechen seiner Schönheit und Süße wegen als Attribut der Liebesgöttin Aphrodite. Demzufolge wirkte sich die Überreichung eines Apfels als Liebeserklärung aus. Die Blüten des Apfelbaumes sollen wiederum sogar als Ingredienz für Liebestränke gedient haben. Was lag also näher auch deren Duft für sinnliche Parfums zu verwenden?

Es verging jedoch viel Zeit, bis in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Apfelblüten-Parfums sowohl in Europa als auch in Amerika einen regelrechten Boom auslösten. Neben namhaften Parfumherstellern, wie Gérard Rimmel® (1898), Helena Rubinstein® (1936) oder Eduard Pinaud® (1939) brachte auch das Haus Duvinne® ein reines Apfelblütenparfum mit dem schlichten Namen „Apple Blossom“® heraus. Die in New York City angesiedelte und bis dahin als Handelsunternehmen hochwertiger Düfte geachtete Firma lancierte dieses Damen-Parfum vermutlich im Jahre 1926. Damit stand es in einer Reihe von acht bekannten Blumendüften, welche Duvinne® zwischen den späten 1920er und frühen 1930er Jahren auf den Markt brachte. Als Markenzeichen der Eigenkreationen setzte sich ein fast futuristisch zu nennendes Verpackungsdesign in Form einer, auf drei Füßen ruhenden, Glaskugel durch. Im Fall von „Apple Blossom“® ergab sich das naturalistische Apfeldesign der zusammengesetzten Halbkugeln durch eine Hinterglasbemalung in Kaltmalerei. Details, wie das als Apfelblatt gestaltete Herstelleretikett oder die ziervolle Apfelblüte aus Textil im Kugelinneren, wirken originell und setzen gegenüber den seinerzeit üblichen Geschmacksmustern Akzente. Darüber hinaus ist es vorstellbar, dass die Apfelblütenfrische von Duvinne® einen Valentinstagsbeitrag leisten und die Attraktivität des Gegenübers steigern könnte; wäre sie denn noch im Handel erhältlich. Andererseits, nimmt man die österreichische Schriftstellerin Gina Kaus (*1893-†1985) wörtlich, möchte auch dies dem einen oder anderen Liebesbedürftigen nicht weiter helfen, denn „jeder Mensch begegnet einmal dem Menschen seines Lebens, aber nur wenige erkennen ihn rechtzeitig“.

Präsentation: Glas-Café, Kleintettau; 01.02. bis 28.02.2017

Künftiger Standort: Sammlungsdepot

Wissenswertes: Ein unanfechtbares Zeichen, dass Äpfel als Attribut der Liebe gelten dürfen, liegt in ihrer botanischen Zuordnung; schließlich gehört der Apfelbaum zu den Rosengewächsen (lat. Rosaceae). Neben den Blüten findet seit Anfang der 1990er Jahre auch der Duft der Früchte Anwendung in Parfumkompositionen. Möglich machte dies die sogenannte Headspace-Analyse (Dampfraumanalyse), bei welcher die natürlichen Fruchtaromen im gasförmigen Zustand einzeln erfasst werden. Sie bilden die Grundlage für den anschließenden Nachbau der Apfelessenz im Labor.

Möchten Sie uns etwas zu diesem Objekt mitteilen oder haben eine Bildanfrage? Dann schreiben Sie uns bitte an, unter museum@flakonglasmuseum.eu