Monatsarchive: Oktober 2018

Glück muss man haben!

Lange dauerte es nicht… Wer hätte auch schon vermutet, dass unsere Besucher so treue Seelen sind uns bei der Suche nach dem 55.555. Museumsbesucher so tatkräftig zu unterstützen. Viele haben uns in den vergangenen Tagen aufgesucht, um das “Reich des gläsernen Flakons” in Augenschein zu nehmen.

Von links nach rechts: Museumsleiter Sandro Welsch, Anneliese Vogt mit unserer Gewinnerin Veronika Mönch und die Museumsmitarbeiterin Sabine Thalmeyer.

Doch wer nichts erwartet, den trifft es meist um so überraschender! So erging es zumindest Frau Veronika Mönch aus Sonnefeld, die mit Ihrer ehemaligen Arbeitskollegin und guten Freundin Anneliese Vogt aus Schesslitz einen Abstecher nach Kleintettau unternahm. “Eigentlich wollten wir das Schloss in Eisfeld besuchen, dachten aber, dass wir das noch nachholen könnten, sobald der erste Schnee fällt” meinte Frau Mönch aus allen Wolken fallend. “Deshalb fuhren wir schließlich nach Kleintettau, um das Tropenhaus zu besuchen” fügte Frau Vogt lächelnd hinzu. Dementsprechend landeten die beiden Ausflügler rein zufällig im Europäischen Flakonglasmuseum und zeigten sich mehr als überrascht, als sie von der Museumsmitarbeiterin Sabine Thalmeyer mit dem Hinweis in empfang genommen wurden, dass ausgerechnet sie die langersehnten Jubiläumsbesucher seien. Mit Museumsleiter Sandro Welsch wurde dann auch erst einmal gebührend gefeiert, bevor es auf Entdeckungsreise in das völlig unbekannte Europäische Flakonglasmuseum ging. Da gab es so viel Neues zu entdecken, zu viel um den positiven Schock zu verdauen. Aber ein ausgiebiges Verweilen war auch gar nicht nötig, schließlich beinhaltet der Gewinn eine detailierte Kostümführung nach Wahl, mit anschließendem Candle-Light-Dinner in der Erlebnisgastronomie Anno Domini in Tettau und einer tagesabschließenden Übernachtung im Antikhotel und Restaurant Steinbacher Hof im idyllisch gelegenen Steinbach am Wald. Museumsleiter Sandro Welsch erkundigte sich bei Frau Mönch, ob diese ihren Ehemann als Begleitperson wählen würde… “Nein, selbstverständlich komme ich wieder mit Anneliese!… Unseren gemeinsamen Freundinnentag einmal pro Woche lassen wir uns nicht nehmen!”

In diesem Sinne hoffen wir die beiden bald weiter verwöhnen zu können und freuen uns auf die nächsten 55.555 Museumsbesucher!

 

HINWEIS – Sind Sie DER oder DIE Glückliche?

Rechtzeitig zum 10. Geburtstag des Europäischen Flakonglasmuseums dürfen wir Ihnen Herz zeigen! In den vergangenen Jahren haben Sie –  liebe  Besucher – bewiesen, mit wie viel Herz Sie an unserem Museum hängen! Ob Sie uns nun mit Ihrer Kritik geholfen haben besser zu werden oder Sie uns den Lorbeerkranz Ihres Lobes entgegengestreckt haben; nun sind Sie an der Reihe!

In Kürze erwarten wir unseren

55.555 Besucher

Selbstverständlich werden wir unseren Ehrengast gebührend feiern, mit einer ganz besonderen Überraschung. Welche das sein wird, müssen Sie allerdings selbst herausfinden… Also runter vom Sofa und ab ins Europäische Flakonglasmuseum! Mit etwas Glück sind Sie DER oder DIE Glückliche Gewinnerin…

 

Oktober 2018 – Von Hildegard- und Meentzen-Kräutern

Oder ist die Hautsache nur Frauensache?

Creme-Dose „Kräuter-Vital-Creme“®; Charlotte Meentzen, Heilkräuter-Kosmetik®, Dresden/ Deutsche Demokratische Republik, zwischen 1964-1967

Sammlung Monika Jürgens-Winefeld/ Schenkung 2016

“Die Kräuter bieten einander den Duft ihrer Blüten an, ein Stein strahlt seinen Glanz auf die anderen. Alles was lebt hat einen Urtrieb nach liebender Umarmung.” So schilderte die Benediktinerin Hildegard von Bingen (*1098-†1179) in ihrer lateinisch verfassten Schrift „Liber vitae meritorum“ (dt. Buch der Lebensverdienste) den Einklang der Schöpfung und setzte diesen den Verantwortlichkeiten und Lebensleistungen des Menschen entgegen. Um als Frau im Kirchenpatriarchat bestehen zu können, gehörte im 12. Jahrhundert weit mehr dazu als die rudimentäre Schulung theologischer Schriften und Rhetorikkünste. Eine Lebensleistung, der sich die Gründungs-Äbtissin des Klosters Rupertsberg – einst in Bingen am Rhein gelegen – verpflichtet fühlte, war ein außerordentliches Interesse an Heilkräutern und deren Bedeutung für die frühe Naturheilkunde. Weit mehr als einhundert Beschreibungen von Pflanzen mit heilender Wirkung lassen sich in ihren überlieferten Aufzeichnungen finden. Akribisch beschrieb sie deren Anwendungsgebiete für die verschiedensten Gebrechen, wovon allein 300 Heilmittel auf die Haut entfallen.

Jahrhunderte später, genauer gesagt im Jahr 1930, beabsichtigte die junge Dresdnerin Charlotte Meentzen (*1904-†1940), ebenfalls „Hautarbeit“ zu leisten. Mit der Internationalen Hygiene-Ausstellung Dresden 1930 stand die sächsische Metropole seinerzeit völlig im Zeichen Karl August Lingners (*1861-†1916), des berühmten Odol®-Fabrikanten und Gründungsinitiator des Deutschen Hygiene-Museums®. Die Welt blickte auf Dresden und Dresden schon bald auf Charlotte Meentzen. Beeinflusst durch das Zeitgeschehen und der Wissensvermittlung durch ihre Mutter, verschrieb sich die gerade einmal 26jährige – übrigens in völliger Kontroverse zur wachsenden Hochindustrialisierung – voll und ganz den Geheimnissen der Naturkosmetik. Gefolgt von ihrer Intuition das Richtige zu wollen, rief sie noch im gleichen Jahr das Institut für natürliche Kosmetik® ins Leben. Ungeachtet der wirtschaftlichen Unruhen und schwindenden Kaufkraft gründete sie zum Erstaunen der aufmerksamen Dresdner mit ihrer älteren Schwester Gertrut Seltmann-Meentzen (*1901-†1985) kurz darauf noch eine Produktionsstätte. Selbstbewusst taufte sie diese Charlotte Meentzen, Heilkräuter-Kosmetik®. Schrittweise entstanden dann an der mondänen Prager Straße die ersten industriellen Pflegepräparate auf natürlicher Wirkstoffbasis, wie etwa Reinigungsmilch aus Honig und Orangen, Lindenblütencreme oder handgesiebtes Blütenstaubpuder. Mit Produktentwicklung, Hauttyp-Beratung und Lehre rundete die gelernte Kosmetikerin 1931 ihre revolutionäre Konzeptidee in der Schaffung der Schule für natürliche Kosmetik® ab.

Bedingt durch den frühen Tod ihrer Schwester und der Zerstörung Dresdens durch die Alliierten, sah sich Gertrut Seltmann-Meentzen gezwungen, die Geschicke des Unternehmens alleine in die Hand zu nehmen. Ohne Unterlass forcierte sie nach 1945 den Wiederaufbau der ausgebombten Betriebsstätte und organisierte über Umwege die wertvollen Heilkräuter und Ingredienzien. Bereits 1967 entwickelten und rührten 200 fleißige Hände an 38 Präparaten, die schnell „überall bekannt und überall verlangt“ waren. Eines der beliebtesten dürfte wohl die vorliegende „Kräuter-Vital-Creme“® gewesen sein. Geeignet für die reife Frau, normalisierte dieses Nährpräparat des Nachts den Feuchtigkeitshaushalt der Haut und wirkte gewebefestigend. Der Anspruch des Inhalts an Vitalität und Schönheit setzt sich unverblümt in der Verpackung fort. Reinweiß erstrahlt die verschraubbare Bakelit-Dose mit jugendfrischen Frauenprofil in zartgrün. Dabei erscheint das Bildnis besonders reizvoll durch seine Vertiefung in das Material. Zu einem schlichten Gegengewicht vereinen sich der reliefartige Schriftzug „Charlotte Meentzen“ mit einem stilisierten Rosenstängel. Wohl nicht von ungefähr wählte man die symbolhafte Rose. Einst war sie der schönsten aller Göttinnen, der Liebesgöttin Aphrodite geweiht und stand blütenweiß für Reinheit und Unschuld. So viel Inhalt an Qualität scheute die werktätige Frau keineswegs mit guten 4,60 MDN (Mark der Deutschen Notenbank) zu honorieren, schließlich ging es doch um die körpereigene Schönheit. Denn die „Schönheit ist Göttergeschenk, und die Götter sind geizig“. … Wer sollte das wohl besser wissen, als der römische Dichter Ovid (*43 v. Chr.-†17 n. Chr.)?!

Präsentation: Glas-Café, Kleintettau; 01.10. bis 31.10.2018

Künftiger Standort: Sammlungsdepot

Wissenswertes: Das heutige Unternehmen Charlotte Meentzen® stellt ca. 25.000 Produkte in Manufakturarbeit her und erstand im Jahr 1991 aus dem Betriebsteil VEB Kräutervital-Kosmetik Dresden, der 1980 durch die Eingliederung in den Kombinat VEB Berlin-Kosmetik seine juristische und ökonomische Selbstständigkeit eingebüßt hatte. Mit der bisherigen Kontinuität – nun unter der neuen Generation der Meentzen-Söhne – dürfte der Naturkosmetik-Hersteller zumindest unter den kosmetischen Unternehmen auf ehemaligem Staatsgebiet der DDR seinesgleichen suchen.

Ausblick: Integration in die neue Dauerausstellung zur Parfümerie- und Kosmetikkultur der DDR, im Jahr 2019.

Möchten Sie uns etwas zu diesem Objekt mitteilen oder haben eine Bildanfrage? Dann schreiben Sie uns bitte an, unter museum@flakonglasmuseum.eu