Archiv des Autors: bloeffler

August 2015 – Von Reiselust und des Rasierens Frust

Oder „mit Kaloderma® rasiert sich´s gut“

Präsent-Set-Kaloderma-Für-den-Herren-mit-Rasierwasser-und-Rasierseife-Friedrich-Wolff-Sohn-Karlsruhe-1960er-Jahre

Präsent-Set “Kaloderma® – Für den Herren” mit Rasierwasser und Rasierseife; Friedrich Wolff & Sohn®, Karlsruhe, 1960er Jahre

Sammlung Norbert Jährling 2014

Im Volksmund wir der Monat August gerne als Reisemonat bezeichnet. In früherer Zeit verstand sich das Reisen als zweckgerichtete Aktivität, welche zielgerichtet der Entdeckung, Eroberung und dem Handel unterlag, was sich nicht zuletzt in den althochdeutschen Bedeutung des Wortes reisa widerspiegelt, was soviel wie „Aufbruch, Zug oder Fahrt“ bedeutet. Mit beginnender Neuzeit entdeckte der Adel die wirtschaftliche und diplomatische Bedeutung des Reisens in der sogenannten Grand Tour (franz.; dt. große Reise). Sie verstand sich als vorrangig italienisch-französische Bildungsreise für jugendliche Adlige. Im letzten erzieherischen Feinschliff erwarben die meist männlichen Reisenden jene Weltoffenheit, die sie auf die künftigen Aufgaben des Regierens vorbereitete. Dass hierbei auch kurzweilige Vergnügungen Erholung ermöglichten, versteht sich für das heitere Spiel der Rokokogesellschaft von selbst. Mit dem aufkommenden Wirtschaftswunder der Nachkriegsjahre, genoss auch die deutsche Bevölkerung in den Urlaubsmonaten „la Dolce Vita“. Tatsächlich gehörte in den 1960er Jahren für mittelständisch aufstrebende Familien der Italienurlaub zum guten Ton.

Auch im Urlaub zählte, ob nun Frau oder Mann, ein adrettes Erscheinungsbild. Dazu gehörten eine gut sitzende Frisur und ein gepflegtes Gesicht. Bis auf den jugendlichen Trend des Soul Patch, einem kleinen Bartstreifen zwischen der Unterlippe und dem Kinn, blieben Bartfrisuren in den 1960ern eine Ausnahme. Der in Karlsruhe ansässige Kosemtikhersteller F. Wolff & Sohn®, schuf mit seiner Pflegemarke Kaloderma® umfangreiche Serien, die eine moderne Hautpflege erlaubten. Schließlich suchte man dem Markennamen gerecht zu werden, der in seiner Wortschöpfung auf die griechischen Wörter kalos für schön und derma für Haut Bezug nahm. Nachvollziehbar also, dass Man(n) gerne der oftmals lästigen Bart- oder in diesem Falle bartlosen Gesichtspflege nachkam. Unvorsichtiges Agieren mit Blutverlust wurde Dank der Komponenten von Arnika und Hamamelis schnell vergessen, wirkten sie doch auf natürliche Weise blutstillend, entzündungshemmend, adstringierend und beugten dem Juckreiz des nachwachsendem Haares vor. Auf junge und freche Trends reagierte man ebenso gerne, wie auf die Bedürfnisse der fortschreitenden Technisierung. So  etwa ein Rasierwasser für die Elektrorasur, das Kaloderma® 1960 eigens lancierte . Bis 1969 wurde schließlich das Pflegeprogramm für den gut rasierten Mann durch Kaloderma®-Rasierschaum, -seife, -creme, und -wasser komplettiert. Für den französischen Schauspieler und Sänger Fernand Joseph Désiré Contandin (*1903-†1971) mag auch das kein Trost gewesen sein, behauptete er doch „man sollte schon deshalb kein langes Gesicht machen, weil man dann mehr zu rasieren hat“. …

Präsentation: Glas-Café, Kleintettau; 06.08. bis 31.08.2015; HINWEIS: Die Präsent-Schachtel wird im Rahmen der Präsentation nicht gezeigt!

Künftiger Standort: Sammlungsdepot

Ausblick:

 

Juli 2015 – Von Askese und Opulenz

Amouage®, der Glücksquell des Königreichs Oman

Parfüm-Flakon "Lyric"® mit Umverpackung, EdP; Amouage®, Maskat/ Oman, nach 2008

Parfüm-Flakon “Lyric”® mit Umverpackung, EdP; Amouage®, Maskat/ Oman, nach 2008

Dauerleihgabe der Heinz-Glas GmbH & Co. KGaA/ Kleintettau 2012

Wer kennt sie nicht, die morgenländischen Erzählungen aus „Tausendundeiner Nacht“… vom siegreichen Kalifen Harun ar-Rashid (*um 763-†809) und der klugen Prinzessin Scheherazade, von märchenhaften Schätzen und orientalischen Wohlgerüchen. Tatsächlich kann die Arabische Welt als Mutterland wohlriechender Essenzen und Gewürze angesehen werden. Ein Spiegel dessen ist nicht zuletzt der Koran selbst. So beschreibt er etwa die Barmherzigen, die nach dem Tode den Siebenten Himmel erreichen, der sie als „Ort der letzten Verklärung“ auf einem Boden aus Moschus, Weizen und Safran wandeln lässt. Gottesfürchtigkeit und die Ehrung des Korans sind wesentliche Voraussetzungen für den Einzug in das himmlische Paradies. Beides ist eng verbunden mit der Einhaltung des Fastenmonats Ramadan, der durch Enthaltsamkeit und Disziplin die innere Einkehr stärken, die Seele erfrischen und den Körper beleben bzw. erneuern soll.

Eine Belebung und Erneuerung wünschte sich auch Sultan Qaboos bin Said (*1940) für die Wohlgerüche Arabiens. Nicht nur sein Königreich Oman wollte er damit beglückt wissen, sondern im Sinne der Völkerverständigung den gesamten Erdball. Dementsprechend internationalisiert ist auch der Name des Labels Amouage®. Symbolisch setzt sich der Name aus dem französischen Wort der Liebe amour und dem arabischen Ausdruck amwaj, was soviel wie Welle bedeutet, zusammen.

Eine „Welle der Emotionen“ ergriff wohl auch den französischen Parfümeur Daniel Maurel (*?). Die unvergessene Star-Sopranistin Maria Callas (*1932-†1977) soll ihn für die Schaffung seines Damen-Parfüms „Lyric“ ® durch ihr unvergleichliches Spektrum von Unschuld bis hin zu ausdrucksstarker Dramatik inspiriert haben. Demzufolge „erzählt“ denn auch die Komposition von gegensätzlicher Gewagtheit, so etwa im Spiel von Rose und Angelika in der Herznote. Traditionell ist hingegen die Basisnote mit Moschus und Weihrauch, der in der omanischen Provinz Dhofar gewonnen, zur edelsten Sorte weltweit zählen darf.

Der Flakon ist für jede weibliche Parfümkreation gleich und erinnert an die ausgewogene Gestaltung der Sultan-Quaboos-Moschee, mit ihrer netzartigen, 50 Meter hohen Kuppel. Metallapplikationen runden den Gesamteindruck ab und verweisen auf eine weitere Handwerkstradition – die der Gold- und Silberschmiedekunst. So individuell die Luxusausführungen für Staatsgäste des Omans in Gold, Silber und Edelsteinbesatz auch ausfallen, jedes Parfüm wird liebevoll von Hand verpackt – reisefertig mit einem beigelegten, handgeschriebenen Gruß aus der Heimat des „wertvollsten Parfums der Welt“.

Präsentation: Glas-Café, Kleintettau; 01.07. bis 05.08.2015

Künftiger Standort: Sammlungsdepot

Ausblick:

 

Juni 2015 – Von ruhmlosen Schlachten und empfindlich imperialer Nase

Kaiser Napoléon und sein Hygienebedürfnis

Neuauflage eines historischen Rosoli-Flakons "Johann Maria Farina gegenüber dem Jülichs-Platz"; Johann Maria Farina, Köln, um 1990

Neuauflage eines historischen Rosoli-Flakons “Johann Maria Farina gegenüber dem Jülichs-Platz”®; Johann Maria Farina®, Köln, um 1990

Dauerleihgabe des Duftmuseums im Farina-Haus/ Köln 2015

Napoléon Bonaparte (*1769-†1821) war als französischer General, revolutionärer Erster Konsul und Kaiser der Franzosen nicht nur ein Visionär, sondern auch ein begnadeter Feldherr, wie es ihn nach Alexander den Großen (*356-†323 v. Chr.) vermutlich nicht mehr gegeben hatte. Von insgesamt 79 zeugen 66 siegreiche Schlachten von seinem militärischen Talent, das ganz Europa prägen und verändern sollte. Gleich einem delphischen Orakelurteil endete die letzte Schlacht des gebürtigen Korsen in seiner Abdankung als Kaiser der Franzosen. Mit der Schlacht von Waterloo – die sich am 18. Juni zum 200. Male jährt – verloren 15.000 Menschen ihr Leben und Napoleón Bonaparte die französische Krone, von welcher er sinnbildlich behauptet hatte, er habe sie lediglich aus dem Dreck der Gosse gehoben.

Von Widersprüchlichkeiten war auch das Privatleben Napoléons geprägt. Bei aller imperialen Prachtentfaltung scheint er in mancherlei Hinsicht sparsam gewesen zu sein. Eine Rechnung, welche inhaltlich auf die verschwenderische Neugestaltung des Badezimmers seines Adoptivsohnes im Hôtel de Beauharnais Bezug nahm, ließ ihn zu einem seiner legendären Wutausbrüche hinreißen. Dabei stand nicht nur gesellschaftlich Hygiene hoch in Kurs. Napoléon selbst soll ein geradezu zwanghaftes Hygiene- und Wohlgeruchsbedürfnis entwickelt haben.

Zu seinem Lieblingsparfüm erkor er ein citrusfrisches Duftwasser, welches der italienische Parfümeur Giovanni Maria Farina (*1685-†1766) im Jahre 1709 kreiert hatte und zu Ehren seiner neuen Heimatstadt Köln „Eau de Cologne“ nannte. Sparsam ging der Kaiser mit seinem Parfüm allerdings nicht um, soll er doch angeblich eine Flasche täglich von dem kostbaren Wunderwasser verbraucht haben. Vielleicht fühlte sich aber auch einfach nur seine empfindliche Nase durch die Vorliebe seiner Gattin Joséphine de Beauharnais (*1685-†1766) für schwere Moschusdüfte gestört. Als der Kaiser sie im Jahre 1809 verließ, soll sie ihr Boudoir im Schloss Malmaison derart mit Moschus getränkt haben, dass der Ex-Gemahl noch Jahre später dem verhassten Geruch ausgesetzt blieb.

Faktisch belegt bleibt indessen, dass das „Eau de Cologne“ in waldglasgrünen Rosoli-Flakons abgefüllt wurde, deren Namensgebung eine Anspielung auf den italienischen Alchemisten Timotheo Rossello (*?-†?) sein könnte, der am Ende des 16. Jahrhunderts die „Aqua mirabilis“, also die heilenden und belebenden Wunderwasser, zu welchen auch Farinas „Eau de Cologne“ zählte, näher beschrieb.

Hilfreich erschien in jedem Falle so manchem französischen Offizier, der es seinem Kaiser gleich tun wollte, die zylindrische Form der Rosoli-Flakons. Praktischer Weise ließen diese sich auch während des Schlachtengetümmels sicher im Stiefelschaft aufbewahren. Zumindest ersparte dies dem einen oder anderen Kavalier aus hygienischer Sicht sein persönliches Waterloo.

Präsentation: Glas-Café, Kleintettau; 01.06. bis 30.06.2015

Künftiger Standort:

Ausblick: Integration in die Dauerausstellung – Duftraum